kunst-bio-tope II

Temporäre Paradiesgärten in den Atrien des Verwaltungszentrums – Birgit Knoechl zeigt Latex-Durchwachsungen und Lukas M. Hüller „Sieben Todsünden“

 

Kunst außerhalb der musealen White Cubes, haben seit Mitte der 1990er Jahre einen wichtigen Stellenwert innerhalb der österreichischen Kunstszene gewonnen. Unter dem Schlagwort „Kunst im öffentlichen Raum“ werden zeitgenössische Skulpturen und Objekt nicht nur in die städtische Platzgestaltung einbezogen sondern sind auch als temporäre Installationen in öffentlichen Gebäuden ein Faktum geworden. Organisationen wie die einzelnen Landesimmobiliengesellschaften oder auch die BIG sowie die Verwaltungen der einzelnen Häuser sind dabei die Auftraggeber.

Nicht immer ziehen diese Aktionen auch einen Besucherstrom nach sich, die einer Blockbuster-Ausstellung gleich kämen. Doch darin erschöpft sich auch nicht ihre Intention. Vielmehr sind diese Installationen ein Bekenntnis der öffentlichen Hand zur zeitgenössischen Kunstproduktion, ob das in Wien der öffentliche Stadtraum ist oder die Naturlandschaft Niederösterreichs, stets steht das Sichtbarmachen der Kunst auch außerhalb ihres musealen Kontextes im Vordergrund. In Niederösterreich erschien dazu heuer bereits Band 9 zur Kunst im öffentlichen Raum. Das diese künstlerischen Eingriffe immer Diskussionen auslösen ist evident und auch gewollt. Wird doch der Rezipient im öffentlichen Raum, anders als bei einem Museumsbesuch unvorbereitet mit Kunst konfrontiert. Das freut manche nicht, vor allem dann wenn die Kunst auch noch mit Traditionen bricht, andere finden die Eingriffe in den öffentlichen Raum großartig. So generiert die Kunst einen Diskurs zwischen dem Für und Wider. Doch werden die Interventionen vor allem dann, wenn eine Nachhaltigkeit gegeben ist, letztlich doch stets angenommen.

Das Land Kärnten hat mit den Kunstbiotopen an diese österreichische Entwicklung angeschlossen und einen ungewöhnlichen Ort für die zeitgenössische Kunst geöffnet. Nach den ersten Installationen von Markus Hofer und Barbara Bernsteiner sind nun die Kunstbiotope II im Klagenfurter Verwaltungszentrum zu sehen. Als Künstler wurden diesmal der Fotokünstler Lukas M. Hüller und mit Kärntner Wurzeln die Objektkünstlerin Birgit Knoechl ausgewählt, neue Arbeiten für die beiden Atrien im Verwaltungszentrum zu entwickeln. Wie schon in der ersten Paarung wurde bewusst auf die eine künstlerische Begegnung über Grenzen Kärntens hinweg gesetzt, um eine erhöhte Aufmerksamkeit der Aktivitäten Kärntens im Bereich zeitgenössischer Kunst auch über die Region hinaus zu erreichen.

Der in Wien geborene, heute international agierende Fotokünstler Lukas M. Hüller stellt seinen Paradiesgarten aus, eine 12 Meter lange Fotoarbeit aus seinem Zyklus der Sieben Todsünden. Seine großformatigen Arbeiten sind mittels Rotationskamera gemacht, die dadurch ungewöhnliche Momente in der Fotografie einschließt oder eine neue Raumordnung mit der Bepflanzung im Atrium schafft. Darüber hinaus ermöglicht sie ein interessantes Spiel mit der Zeit, das über das Festhalten eines kurzen Moments hinausgeht.

Papier und Papierschnitt bilden die Ausgangsbasis für die raumgreifenden Installationen der in Wien lebenden und arbeitenden Künstlerin Birgit Knoechl.

Die bereits beim Großausstellungsprojekt K08 ausgestellte Künstlerin entwickelte für das Kärntner Verwaltungszentrum eine Installation # interface_lab I, bestehend aus 30 Einzelobjekten für die sie auf Materialien wie Weißpappe, Latex, Gummiplatten und Kunststoffschnüre zurückgreift. Aus der Beschäftigung mit den wissenschaftlichen Zeichnungen des deutschen Zoologen Ernst Haeckel kreiert Birgit Knoechl ihre bizarren Objekte aus polygonen Grundformen und gestaltet daraus dreidimensionale Strukturen und Formen, die Assoziationen von sowohl vegetabilen als auch mineralischen Organismen hervorrufen. Im Atrium des Kärntner Verwaltungszentrums kontrastiert die Künstlerin die natürliche Bepflanzung der Halle mit ihren Objekten, die mit dem in der Mitte befindlichen Wasserbassin zu einem faszinierenden aquatischen Kunstbiotop verwachsen. Die hängenden Rundschnüre sind vergleichbar mit Luftwurzeln von Epiphyten, die auf Bäumen wachsen. Das Wachsen und Wuchern der schwarzen Pflanzenformen ist ein wichtiger Aspekt in ihren beeindruckenden Arbeiten und im heurigen Jubiläumsjahr des Technischen Museums Wien auch dort im Foyer zu sehen.

 

Text by Silvie Aigner

Text erschienen zur gleichnamigen Ausstellung / InSitu_Arbeit
2010